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von Klara Gerst und Veronika Dinter (Absolvent*innen im Schuljahr 2021/21)
Catcalling
Hinterherrufen auf der Straße oder hupende Autos während man an der Bushaltestelle wartet- für viele ist dies Alltag. Solche Vorfälle sind nicht harmlos, sie zählen zum sogenannten Catcalling. Was bedeutet Catcalling überhaupt und wie könnt ihr euch wehren?
Der Begriff Catcalling umfasst alle Formen von sexueller Belästigung, welche keine körperliche Berührung beinhalten und nur durch Sprache oder Verhalten, gezeigt werden. Meistens passieren diese Vorfälle in der Öffentlichkeit und gehen von fremden Personen aus. Formen von Catcalling sind zum Beispiel:
- Hinterherrufen/-pfeifen, Anhupen
- Anstarren
- Übergriffiges Ansprechen
- auf das Aussehen reduzierte Kommentare
- direkte oder indirekte Aufforderung zum Geschlechtsverkehr
- unaufgefordertes Versenden von Bildern oder Videos mit sexuellem Inhalt
Hast du schon einmal Erfahrungen mit Catcalling gemacht?
Catcalling ist kein Kompliment!
Es ist wichtig, zwischen Komplimenten und Catcalling zu unterscheiden. Was vor allem von den Tätern als Kompliment gesehen wird, kann für die Betroffene Person belästigend sein. Der wichtige Unterschied: ein Kompliment soll der Person schmeicheln, bei Catcalling wird die Person erniedrigt und auf äußere Merkmale reduziert wie ein Objekt. Es findet eine Beurteilung der Person statt, ohne das diese erwünscht ist. Die Täter, meist Männer im Alter von zwanzig bis Ende dreißig, bekommen durch die Belästigung ein Machtgefühl über das Opfer und bestätigen so ihr Ego. Neben dem Machtgefühl können auch rassistische oder transphobische Ansichten Motivation für Catcalling sein.
Was war deine schlimmste Erfahrung?
Folgen von Catcalling
Für die Opfer von Catcalling kann dies ein traumatisches Erlebnis sein. So können die Vorfälle zu Angstzuständen führen, welche sich in Einzelfällen auch zu Depressionen oder Schlafstörungen entwickeln können. Zudem fühlen sich die Opfer oft nicht mehr an bestimmten Orten oder auf bestimmten Routen wohl und gehen ungern im Dunkeln alleine nach draußen.
Wie haben dich die Ereignisse beeinflusst?
Catcalling ist nicht strafbar
Für die Betroffenen ist die Verarbeitung der Ereignisse oft nicht einfach, insbesondere weil Catcalling an sich kein eigener Tatbestand ist und es daher schwer ist Anzeige zu erstatten. Das bedeutet, dass man in Deutschland niemanden direkt für Catcalling anzeigen kann, sondern nur für ähnliche Taten, die unter den Strafbestand der sexuellen Belästigung fallen. Dies ist fragwürdig, da es sich bei Catcalling eigentlich ebenso um sexuelle Belästigung handelt wie bei ungewünschten Berührungen. Das Gesetz macht hier aber einen Unterschied: zu sexueller Belästigung zählen nur körperliche Annäherungen. In anderen Ländern, wie beispielsweise Frankreich, ist Catcalling bereits strafbar.
Es ist nicht deine Schuld!
Wenn du schon einmal Erfahrungen mit Catcalling machen musstest sei dir bitte bewusst, dass du in keinem Fall Schuld bist, egal welche Klamotten du getragen hast oder wie stark du geschminkt warst. Die Schuld liegt immer bei dem Täter, welcher deine Privatsphäre nicht achtet und dich belästigt. Niemand hat dir zu sagen, dass es doch nicht so schlimm sei oder du überreagierst, denn dein eigenes Empfinden zählt.
Was kann ich tun wen ich betroffen bin oder einen Vorfall sehe?
- Passanten aufmerksam machen
- auf dem Heimweg mit jemandem telefonieren; Heimwegtelefon: https://heimwegtelefon.net/
- den Täter direkt konfrontieren (zum Beispiel zurückpfeifen)
- Freunden oder Familie davon erzählen
- therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen
- Für manche Städte gibt es Instagram-Accounts, bei denen Vorfälle gesammelt und veröffentlicht werden, z.B. für Oldenburg @catcallsofol.
Bodyshaming
Der Begriff Bodyshaming steht für abwertende Bemerkungen über das Aussehen anderer. Äußere Körpermerkmale werden dabei zum Angriffspunkt. Leider haben viele Menschen ein verzerrtes Selbstbild. Dies wird beeinflusst von Erwartungen und Schönheitsbildern, die von der Gesellschaft vorgegeben werden. Jeder sollte selbst entscheiden, was für sich selbst als schön gilt. Eine gesunde Beziehung zu sich und seinem Körper sollte nicht davon beeinflusst werden, was andere als schön empfinden. In Deutschland herrscht zwar Meinungsfreiheit, dies bedeutet jedoch nicht, dass man das Recht hat, den Körper eines anderen zu bewerten.
Bloß nicht zu dick aber auch nicht knochig, sportlich aber nicht zu muskulös, groß aber nicht riesig, Haare aber nicht zu viele und bloß nicht kraus. Perfekt ist das neue Perfekt. Aber niemand weiß genau was „Perfekt“ eigentlich ist. Menschen werden in Normen gepresst, in die sie gar nicht reinpassen. Man orientiert sich an Körperidealen, für die der eigene Körper weder konzipiert noch ausgestattet ist. In der heutigen Zeit suchen wir uns diese Vorbilder und Idealen immer mehr in den Sozialen Netzwerken. Dabei sind viele Bilder nachträglich bearbeitet oder inszeniert. Dieses Anstreben von ungesunden und unrealistischen Vorbildern ist nicht nur ein enormer Druck sondern kann zu psychischen Problemen führen, die die eigene Körperwahrnehmung stören. Essstörungen, Depressionen, Sportsucht oder Schönheits-Operations-Sucht sind nur ein paar der Begleiterscheinungen die von dem Gesellschaftlichen Drucks ausgelöst werden. Diese werden von Challenges wie „Thighgap-Challenge“ und „Bikinibridge-Challenge“, im Internet bestärkt. Beides sind Internet-Trends, die eher dünne Körpertypen zeigen oder teilweise auch krankhafte, sie können nur von Menschen mit stark hervorstehenden Hüftknochen erreicht werden.
Hast du schon einmal Erfahrungen mit Bodyshaming gemacht?
Doch nicht nur im Internet, wo Leute sich hinter privaten Konten verstecken, erfahren wir abwertende Bewertungen. Ein Großteil der Täter sind innerhalb des eigenen sozialen Umfeldes. „Gut gemeinte Ratschläge“ verfehlen meist ihre Intention und sind verletzend. „Mobber“ verstecken sich hinter anonymen Accounts und entgehen somit ihrer Verantwortung. Seit dieser Anonymität entstand im Internet eine Beleidigungskultur, bei der eine persönliche Konfrontation mit den Opfern nicht mehr erfolgt und es den Tätern vereinfacht mit einem Klick gleich mehrere Personen zu erreichen. Bodyshaming passiert also nicht nur im eigenen Privatbereich, sondern wird teilweise öffentlich im Internet ausgetragen.
Hast du schon einmal Erfahrungen mit Bodyshaming gemacht?
Was kann man gegen Bodyshaming tun? Und was tun, wenn ich deshalb ein negatives Selbstbild habe und unter psychischen Problemen leide?
Oftmals hört man, man solle es einfach ignorieren. Aber so leicht ist das gar nicht. Ein guter Ansatz gegen Bodyshaming, ist die Aufklärung. Verstehen, dass jeder eigene Präferenzen hat und man deshalb aber nicht verpflichtet ist, sich danach zu richten. Man sollte sich selber wohl fühlen und akzeptieren. Ein gesunder Körper ist wichtiger als ein Schönheitsideal aus der Werbung. Wenn du psychische Probleme hast oder Hilfe benötigst, gibt es auf der folgenden Seite Unterstützung für dich. Du bist nicht alleine.
https://www.deutsche-depressionshilfe.de/krisentelefone
Wichtig ist es auch, selbst nicht zum Täter zu werden. Man sollte damit anfangen, aufzuhören sich selbst zu „shamen“. Selbstakzeptanz und das Aufhören uns mit anderen zu vergleichen kann bei diesem Prozess behilflich sein. Wir können verhindern selbst zum Täter zu werden, wenn wir konventionelle Schönheitsideale nicht mehr als unser eigenes Ideal ansehen. Veränderung fängt bei uns selbst an.