Gemeinschaftsgarten Nethen

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Ein Projekt für die Wertschätzung von Lebensmitteln

von Tomke Albrecht (Jg. 13)

Laut einer Studie des WWF („Das große Wegschmeißen“ aus dem Jahr 2017) werden allein in Deutschland pro Jahr etwa 18 Millionen Tonnen Lebensmittel in den Müll geworfen. Das ent­spricht einem Drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs in Deutschland. Fast zehn Millionen Tonnen wären laut WWF vermeidbar. Für diese zehn Millionen Tonnen werden jährlich umgerechnet etwa 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche bewirt­schaftet. Das entspricht ungefähr der Fläche von Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland. Diese unnötig bewirtschaftete Fläche könnte man einsparen, was auch die damit verbundenen 48 Millionen Tonnen Treib­hausgasemissionen einschließt. Im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung sind die Treibhausgasemissionen schließlich ein ausschlaggebender Faktor.

Hier sollte sich auf jeden Fall etwas ändern!


Geli Wald an einem der Hochbeete; Fotografiert von Svenja Albrecht im April 2021

Dieses Ziel hat sich das Team des Gemeinschaftsgartenprojekts in Nethen gesetzt. In einem Gemeinschaftsgarten können mehrere Personen zusammen einen Garten anlegen. Das Team, welches aktuell aus 13 aktiven Mitgliedern besteht, hat dieses Projekt bereits 2019 ins Leben gerufen, um dem konventionellen Anbau entgegenzuwirken, der zur Folge habe, das Lebensmittel nicht wertgeschätzt werden.

Geli Wald, ein Mitglied, das von Anfang an dabei war, sagt dazu: „Es ist ein bisschen back to the roots.“ Früher lebte man aus seinem eigenen Garten, von selbst angebautem Gemüse. Das Wissen gehe durch die konventionelle Landwirtschaft verloren, weil man sich zu jeder Jahreszeit Obst und Gemüse ganz bequem im Supermarkt kaufen kann, auch wenn es nicht in Deutschland angebaut wurde.

Durch den eigenen Anbau von Gemüse möchte die Gruppe zeigen, wie viel Mühe, Aufwand und Zeit eigentlich dahintersteckt. Es ist ihnen wichtig, dass man Obst und Gemüse nicht als selbst­verständlich nimmt und lernt, Lebensmittel wert zu schätzen. Außerdem wollen sie auf chemische Dünger verzichten und setzen ausschließlich auf Biodünger. Ein weiteres Ziel der Gruppe ist die Aufklärung über den nachhaltigeren Anbau von Gemüse und Kräutern.

Mit fünf Mitgliedern konnte ich über das Projekt sprechen. Dazu gehören Geli Wald, Alke Höpken, Dirk Bakenhus, Svenja Albrecht und Nadine Daries. Sie haben viel über den Anbau, Probleme, Ideen und auch die aktuelle Landwirtschaft gesprochen.

Die ersten Schritte zu einem schönen Garten


Alke Höpken während des Baus einer Benjeshecke; Fotografiert von Geli Wald im April 2021

Die Idee gemeinsam zu gärtnern kam von Alke Höpken. Ihre Familie hat selber einen landwirtschaftlichen Hof, wo Futtermais angebaut wird. Nach ihrem BWL-Studium (Betriebs­wirtschafts­lehre) war es ihr wichtig die Welt zu verändern. Sie setzte sich das Ziel dort anzufangen, wo Politik gemacht wird, damit man auch Veränderungen bewirken kann. Deshalb setzte Sie gemeinsam mit anderen die Idee des Gartens auf Ebene der Lokalpolitik um. „Das erfüllt einen einfach“, sagte sie dazu im Interview.

Nachdem die Idee bei der Gruppe WIM angesprochen wurde, bildete sich das erste Team aus ganz verschiedenen Persönlichkeiten. WIM bedeutet „weniger ist machbar“. Die Gruppe verfolgt bereits sei 2018 Nachhaltigkeitsziele. Begonnen haben sie mit der Aktion „Plastikfrei im Ammerland“. Es gibt von WIM auch weitere Projekte wie zum Beispiel das Gemeinschaftsfeld. Auf ihrer Webseite kann man sich über die Projekte informieren: https://www.weniger-ist-machbar.de. Über einen Aufruf in der Zeitung kamen auch weitere Mitglieder dazu, die etwas über den Anbau von Lebensmitteln lernen wollten.

Dirk Bakenhus von der UWG ist ebenfalls Mitglied des Projekts. Er erinnerte sich daran, dass seine Großmutter früher einen sehr großen Garten hatte und immer sehr viel selbst an­gebaut hat. Da er selbst nicht die Kapazitäten für einen eigenen Garten hat, wollte er gern bei diesem Projekt mit­wirken. Außerdem möchte er mit einem guten Beispiel voran­gehen und selbst tätig werden. Andere Teammitglieder, wie zum Beispiel Svenja Albrecht, sind dazu gestoßen, um Erfahrungen zu sammeln und mit anderen gemein­sam Neues auszuprobieren und zu lernen.

Die Gemeinde Rastede hat für dieses Projekt eine Fläche bereit­gestellt, die für den Garten genutzt werden kann. Die Fläche hinter dem Dorfgemeinschaftshaus Nethen hat die Gruppe innerhalb eines Jahres in einen wunderschönen Gemüsegarten verwandelt. Die Lage dort ist ideal, da man sowohl mit dem Fahr­rad als auch mit dem Bus oder dem Auto hinkommt und gleich­zeitig viel Natur um sich hat. Des Weiteren hat Felix Müller, ein Landwirt aus Hahn-Lehmden, der Gruppe für das Projekt einen Teil von einem seiner Felder zur Verfügung gestellt.


Dirk Bakenhus beim Bau des Wasserspeichers;
privates Bild

Der Garten im Sommer; privates Bild von Juni 2021

Wie ging es weiter?

Zu Beginn wurden erst einmal Beete im Garten angelegt. Dafür musste die Gruppe viel planen und graben. Svenja Albrecht hat den Plan für die Beete dann in einer Zeichnung festgehalten. Danach konnten die Beete unter den Teilnehmer*innen aufgeteilt werden. Die Teilnehmer*innen übernehmen nämlich eine Patenschaft für ein oder zwei Beete, um die sie sich dann primär kümmern. Im Endeffekt lebt das Projekt aber stark von der Zusammenarbeit.

Plan des Gemeinschaftsgartens mit Ideen für das kommende Jahr; erstellt von Svenja Albrecht im Dezember 2021

Gerade zu Beginn des Projekts und beim Graben der Beete haben Jugendliche der „Fridays for Future“-Bewegung geholfen alles aufzubauen. Dirk Bakenhus hat sich um die Speicherung vom Wasser gekümmert. Dazu wurden Speicher für etwa 4500 Liter Regenwasser gespendet. Für die Hochbeete bekam das Team von privaten Spendern mehrere Paletten und eine neue Schub­karre. Andere Werkzeuge besorgte die Gruppe selbst.

Das Motto zum weiteren Vorgehen war laut Alke Höpken: „Einfach mal machen“. Das zieht sich wohl auch bis heute durch, denn es werden immer wieder neue Sachen ausprobiert und experimentiert, um das Projekt voran zu bringen. Dank dieses Mottos, der großen Motivation im Team und der Unterstützung von außerhalb konnte ein so schöner und nachhaltiger Garten in der Natur entstehen.

Jantje Albrecht hilft beim Erstellen der Beete im Frühjahr 2021; privates Bild
Svenja Albrecht beim Pflanzen von Grünkohl; privates Bild vom Juli 2021

Vor dem Anbau mussten die Mitglieder jedoch erst einmal zu Hause die Pflanzen vorziehen, damit sie beim Einpflanzen kräftig genug sind. Nadine Daries sagte im Interview: „Man sitzt zwei Monate daran und hegt sie wie ein Baby zu Hause und passt auf, dass es nicht zu heiß oder zu kalt ist. Da dieses Jahr das Wetter lange schlecht war, kamen die Pflanzen auch erst spät in die Erde“. Gepflanzt wurden verschiedenste Gemüsesorten wie zum Beispiel Karotten, Radieschen, Kartoffeln oder Tomaten. Außer­dem gab es noch Auberginen, Knoblauch, Kürbisse, Grünkohl, Kräuter und Erdbeeren. Leider funktioniert bei so einem Projekt auch nicht immer alles. Rehe und Schnecken haben alle Erdbeeren aufgegessen und andere Pflanzen haben auch gar nicht richtig angesetzt.

Bau der Benjeshecke mit Alke Höpken im Frühjahr 2021; privates Foto
Der Garten im Anfangsstadium: Stand Frühjahr 2021; privates Bild

Was macht man so alles in einem Gemeinschaftsgarten?

Vor Ort gibt es immer viel zu tun. Viele Mitglieder erzählen, dass sie sporadisch (also etwa ein-, zweimal die Woche) vorbeischauen. Dann werden die Pflanzen gegossen oder „Unkraut“ gezupft. Man arbeitet nicht, bis einem der Schweiß aus den Poren kommt, sondern quatscht viel mit anderen, die gerade vor Ort sind. Das ist laut Svenja Albrecht auch ein Grund, warum man bei dem Projekt mit­macht.

Garten im Sommer 2021; privates Bild
Geli Wald, Nadine Daries und Alke Höpken legen eine Permakultur an
im Frühjahr 2021; privates Bild

Im Sommer konnte sich das Team dank gelockerter Corona-Regeln zu einem Picknick im Garten treffen. Für solche Treffen bringt jeder etwas Selbstgemachtes zum Essen mit. Auch der Nachbar kommt sehr gerne mal vorbei und gibt der Gruppe Tipps von früher, schließlich lernt man nie aus. Für das Erntedank-Essen im Herbst wurden die eigenen Kürbisse verarbeitet und es gab weitere leckere Snacks. Kartoffeln und Kürbisse, die übrig waren, wurden an die Schule am Voßbarg gespendet.

Kürbisernte im September 2021; privates Bild
Radieschenernte im Juni 2021; privates Bild

Saisonende

Das Werkzeug, was zum Einsatz gekommen ist; Fotografiert von Svenja Albrecht im Frühjahr 2021

Jetzt ist die Saison vorbei und der Garten ist winterfest gemacht. Nun planen die Mitglieder für die nächste Saison. Neue Ideen sollen realisiert werden, wie zum Beispiel ein Gewächshaus, ein Kompost, neue Hochbeete oder eine Permakultur. Auch weitere experimentelle Ideen will das Team ausprobieren.

Wenn du das Projekt unterstützen möchtest und selber etwas Neues dazu lernen willst, dann schließe dich doch dem Team an. Zusammen mit deinen Freunden kannst du an der frischen Luft viele spannende Sachen erleben. Vielleicht bekommst du nächstes Jahr sogar ein paar Erdbeeren ab. Die Gruppe würde sich sehr freuen, wenn du deine Ideen mit einbringen möchtest. Es ist eine sehr schöne Gelegen­heit, etwas Gutes für die Umwelt zu tun und gleichzeitig zu erkennen, dass Gemüse nichts Selbstverständliches ist.

Bei Interesse melde dich per per E-Mail unter gemeinschaftsfeld@weniger-ist-machbar.de. Außerdem kannst du das Projekt auch auf Instagram verfolgen. Dort heißen sie e.m.m.einfach.mal.machen. Das Team kommuniziert über eine Gruppe auf Signal. Dort wird man immer auf dem aktuellen Stand gehalten was Fort­schritte und Gruppen­treffen angeht.


Tomke Albrecht,
Jahrgang 13

Diesen Artikel habe ich im Rahmen des Seminarfachs „Journalismus im 21. Jahrhundert“ verfasst. Dazu habe ich mehrere Interviews geführt, um an Informationen zu kommen. Ich habe mich für dieses Projekt sehr interessiert, weil mir klar geworden ist, dass viele Lebensmittel aus anderen Ländern kom­men und nicht aus Bio-Anbau stammen. Als ich in unserem Garten selber an­gefangen habe Gemüse anzubauen, habe ich gemerkt, wie viel Aufwand dahinter­steckt und wie schwer es eigentlich ist. Außerdem wusste ich nichts über die Pflanzen und wie man sie zum Beispiel schnei­den oder gießen soll. Weil meine Mutter Mitglied des Projekts ist, bin ich manchmal mit ihr dort gewesen bin. Ich war total fasziniert, wie schnell sich dort alles ver­ändert und wie gut alles funktioniert. Mir ist es wichtig über dieses Projekt zu informieren, um euch näher zu bringen, wie viel man dazu lernen kann.

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